Goldene Tropen: die Koproduktion natürlicher Ressourcen und kultureller Differenz in Guayana
In: Kultur und soziale Praxis
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Die Tropen und ihre Bewohner rufen seit jeher Sehnsüchte, Begierden und Ängste hervor. Heute steht die Sorge um die biologische und kulturelle Vielfalt im Vordergrund. Natürliche Ressourcen und kulturelle Differenz sind auch historisch eng miteinander verwoben.Die Autorin zeigt am Beispiel der indigenen Kari'ña im Südosten Venezuelas, wie der externe Zugriff auf natürliche Ressourcen über Jahrhunderte prägend gewirkt hat - und zwar sowohl auf die Natur selbst wie auf die kulturellen und sozialen Verhältnisse. Dabei werden überraschende Verbindungen sichtbar zwischen Ressourcenperipherie und industriellen Zentren, zwischen produktivem Einschluss und Marginalisierung, zwischen Materialität und Diskurs.
In: https://freidok.uni-freiburg.de/data/3021
Im Blickfeld der ethnologischen Untersuchung stehen Angehörige der Gruppe der indigenen Kari'ña in Venezuela. Ihr Siedlungsgebiet in den Wäldern der Sierra Imataca im Südosten des Landes und im angrenzenden Guyana wird von internationalen Umweltorganisationen zu den wichtigsten hotspots biologischer Vielfalt in Lateinamerika gezählt. Zugleich steht es im Brennpunkt jüngerer Entwaldungsdynamiken und Konflikte um den Schutz und die Nutzung tropischer Wälder in Venezuela. Die aktuelle Erschließung von Holz und Gold im großen Maßstab im Siedlungsgebiet der Kari'ña evoziert zunächst eine bekannte Problematik indigener Tropenwaldbewohner, deren Lebensräume vielerorts von massiven externen Interessen an natürlichen Ressourcen bedroht sind. Die Dissertation analysiert die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen den Prozessen externer Ressourcenerschließung und den sozialen und kulturellen Folgen vor Ort. Ausgehend von einer Kritik an gängigen Erzählfiguren über indigene Tropenwaldbewohner und ihnen inhärente Annahmen über das Zusammenwirken von Ressourcenabbau, Kulturwandel und Naturzerstörung postuliert die Arbeit die Notwendigkeit einer umfassenden historischen Betrachtung und Kontextualisierung der aktuellen Prozesse und Dynamiken. Die Analyse orientiert sich dabei an zentralen natürlichen Ressourcen, die die Begegnung der indigenen Kari'ña mit nicht-indigenen Akteuren bis heute in hohem Maße strukturiert haben. Grob nach ihrem historischen Erscheinen geordnet, sind dies Gold, Gummi, Öl, Holz und Biodiversität. Ihnen ist je ein Kapitel im Hauptteil der Arbeit gewidmet. Eine historische Betrachtung zeigt, dass mit der Gewinnung bzw. Erzeugung der verschiedenen natürlichen Ressourcen gleichermaßen die naturräumlichen Lebensbedingungen und die sozialen Verhältnisse der Kari'ña immer wieder transformiert wurden. Die durch den Ressourcenabbau losgetretenen Prozesse und Interaktionen zwischen beteiligten Akteuren und ihrer Umwelt nahmen historisch und ressourcenspezifisch jeweils charakteristische Formen und Verläufe an. Ihre Ausformung in der Region wurde dabei von vielfältigen Faktoren beeinflusst, die z.T. weit jenseits der Region ihre Ausgangspunkte und Antriebskräfte hatten, aber auch in der konkreten Materialität der Ressource selbst begründet liegen. Theoretisch wurde die Beziehung zwischen natürlichem Ressourcenabbau und indigenem Kulturwandel als ein Prozess der Koproduktion konzeptualisiert, an dem die Kariña aktiv beteiligt sind. Die Arbeit analysiert und beschreibt die wichtigsten sozialen und materiellen Veränderungen, die mit der Gewinnung der jeweiligen Ressourcen im Gebiet der Kari'ña einhergingen. Dabei zeigt sich, dass sich die Ressourcengeschichte der Kari'ña nicht als einheitlicher und geradliniger Prozess fortschreitender Entmächtigung und kultureller Auflösung darstellen lässt, wie es gängige Kulturwandeltheorien in diesem Zusammenhang oftmals nahelegen. Die Auswirkungen der verschiedenen Ressourcenbooms auf die in dem Gebiet lebenden indigenen Kariñagemeinschaften waren vielmehr sehr unterschiedlicher Natur und riefen auch bei den Kari'ña unterschiedliche Reaktionen hervor, die von totalem Rückzug und Flucht bis hin zur aktiven Beteiligung als wichtige Akteure im Erschließungsprozess reichen. Trotz immenser sozialer und ökologischer Verwerfungen wäre es verkürzt, die Kari'ña nur als Opfer der Entwicklungen zu sehen. Vielmehr gestalten sich die Bezüge der Kari'ña zu den verschiedenen Ressourcenfeldern insgesamt, wie die Arbeit zeigt, als eine komplexe und ambivalente Dynamik von produktiven Einschlüssen, aber auch neuen Ausgrenzungen, die im Einzelfall durchaus auch ermächtigend auf die Kari'ña zurückgewirkt und ihnen – zumindest zeitweilig – neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet haben. Die Kari'ña, sozial zurückgezogen und wirtschaftlich arm, stehen heute im Brennpunkt neuer Konflikte um Migration, industriellen Bergbau und Holznutzung, um Naturschutz und Menschenrechte. Ihre aktuelle Situation, so das knappe Fazit der Arbeit, lässt sich im Lichte der historischen Gesamtschau, aber nicht angemessen als Begegnung von 'Tradition und Moderne', als 'Vorher-Nachher'-Szenario oder als neuer Gegensatz von Lokalität und Globalisierung fassen. Sie ist vielmehr nur in Anerkennung einer langen, sedimentierten Geschichte von Erfahrungen mit machtvollen externen Interessen an natürlichen Ressourcen in ihrem Gebiet zu verstehen. ; The ethnological study analyses the situation of the indigenous Kari'ña in Venezuela. They live in the Sierra Imataca forest reserve in the Southeast of Venezuela, a tropical forest area which international environmental organizations consider a major hotspot of biodiversity in Latin America. At the same time the area lies at the heart of recent conflicts about deforestation and conservation of tropical forests in Venezuela. The actual dynamics of industrial logging and gold mining in the region thus illustrates a familiar situation of indigenous tropical forest people as many indigenous territories worldwide are or have been affected by natural resource exploitation. The dissertation analyses the processes and dynamics between external resource use and local social change. Starting from a critique of popular images of indigenous forest peoples and underlying assumptions on the relationship between resource use, cultural change and deforestation, the study calls for a comprehensive historical approach and a thorough grounding of the actual dynamics. The analysis focuses thereby on the most important natural resources which until today have highly determined and structured the encounter between indigenous and non-indigenous actors in the region. Roughly ordered according to their historical appearance in the region the considered resources are gold, rubber, oil, timber and biodiversity. Each of them is dedicated a chapter in the book. The work shows that in the process of natural resource exploitation both the natural landscape and social conditions of the Kari'ña have thoroughly been transformed, each time in a new and specific way.Theoretically, the relationship between natural resource use and indigenous culture change is conceptualized as a form of co-production in which the Kari'ña also play an active part. The specific local manifestation of this co-production in the territory of the Kari'ña is influenced by many factors, local and global in reach, including also the specific materiality and qualities of the resource itself. The study analyses and describes the most important social and material changes affected by industrial exploitation of these natural resources in the territory of the Kari'ña. It thus becomes clear that this transformation process does not present a straightforward story of disempowerment and cultural disintegration and loss, as it is suggested by many popular assumptions on cultural change in this context. Rather, as it is shown, each resource considered not only has produced its very specific material and social effects, but often also has enfolded a complex and ambivalent dynamic of both empowering and marginalizing effects, which defies a simplistic reading of threatened indigenous cultures. At the background of this historical analysis, the actual marginality of the Kari'ña facing industrial logging and mining can not be adequately unterstood as a clash of tradition and modernity or as an recently enforced local/global encounter. Rather it is argued that their specific situation and cultural difference today has been multiply produced and shaped by a long history of exchange and interaction with powerful external interests on natural resources.
BASE
In: Gesellschaftlicher Zusammenhalt Band 6
Der Begriff des Gesellschaftlichen Zusammenhalts ist vieldeutig, sowohl in der öffentlichen Debatte als auch in den Sozialwissenschaften. Daher stellt sich die Frage, wie der wechselseitige Wissenstransfer zwischen Forschung, Zivilgesellschaft und Politik gelingen kann. Der Band diskutiert, mit welchen Methoden gesellschaftlicher Zusammenhalt heutzutage erforscht wird und unter welchen Bedingungen forschungsbasierter Wissenstransfer zur Beantwortung gesellschaftlicher Fragen und Probleme eingesetzt werden kann. https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode
In: Gesellschaftlicher Zusammenhalt
Der Begriff des Gesellschaftlichen Zusammenhalts ist vieldeutig, sowohl in der öffentlichen Debatte als auch in den Sozialwissenschaften. Daher stellt sich die Frage, wie der wechselseitige Wissenstransfer zwischen Forschung, Zivilgesellschaft und Politik gelingen kann. Der Band diskutiert, mit welchen Methoden gesellschaftlicher Zusammenhalt heutzutage erforscht wird und unter welchen Bedingungen forschungsbasierter Wissenstransfer zur Beantwortung gesellschaftlicher Fragen und Probleme eingesetzt werden kann. https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode
In: Gesellschaftlicher Zusammenhalt Band 6
In: Gesellschaftlicher Zusammenhalt Band 6
Der Begriff des Gesellschaftlichen Zusammenhalts ist vieldeutig, sowohl in der öffentlichen Debatte als auch in den Sozialwissenschaften. Daher stellt sich die Frage, wie der wechselseitige Wissenstransfer zwischen Forschung, Zivilgesellschaft und Politik gelingen kann. Der Band diskutiert, mit welchen Methoden gesellschaftlicher Zusammenhalt heutzutage erforscht wird und unter welchen Bedingungen forschungsbasierter Wissenstransfer zur Beantwortung gesellschaftlicher Fragen und Probleme eingesetzt werden kann.